Ulmenjahr

Samstag, 31. Dezember 2005

Pakt

Wenn dem aber so war, dann war alles sinnlos, jede Bemühung war zum Scheitern verurteilt und nichts würde von ihr bleiben als ein Schatten, ein Schemen und Staub. Dann war die Hoffnung tot, ja, hatte niemals existiert, sondern war nur eine Illusion, ein Traum, ein Possenspiel, das Zufall und Zukunft vorgaukelte, während alles schon festgelegt war, jede Weiche schon gestellt, jedes Wort schon gesprochen, jede Handlung schon getan.
Die Schwere rückte näher und setzte sich langsam, behäbig, schlug den dunklen Mantel des Schweigens um sich, der nie durchbrochen worden war. Ysaj fühlte, wie sich das Leben rot und blasphemisch in ihr aufbäumte, sie fühlte die Raserei der Mänaden unmittelbar in ihren Händen, das Schweigen schien ihr ohrenbetäubend und in der Dunkelheit saß Gott, abgewandt und schlafend. Sie musste herausfinden, ob es überhaupt einen Sinn hatte oder ob ihr Kampf jetzt schon verloren war; ob Jolanda ein Bauernopfer in einem uralten Spiel war, dessen Ausgang schon feststand oder ob ihr Schaffen einem Zweck diente, der jenseits der Finsternis lag. Sie musste es einfach wissen. Ysaj streckte ihre Hand in die Dunkelheit und weckte Gott, um ihn herauszufordern, hier unter der Ulme auf heiligem Boden.


Ulmenjahr

Montag, 12. Dezember 2005

Lange, graue Wege.

Ihre erste Begegnung mit dem alten Blut hatte Ysaj schon in Kindesjahren und diese Begegnung war ein Ahnen nur, ein Schatten, der nie verblassen sollte und sich über ihr Dasein legte wie feiner Nebel. Ohne es zu wissen, trieb ihr Leben unausweichlich auf die Entfaltung dieses Blutes hin; sie war unglücklich, wenn die Umstände diese innere Programmierung unterdrückten und das Schicksal fand immer einen Weg, sie auf die Bahn zu bringen. Eine Bahn, die Ysaj Staunen abrang, Unverständnis, Wut - und sehr viel später erst Freude.
Der Himmel sandte ihr eine Botschaft, als Ysaj 19 war.
Erst nach Jahren sollte Ysaj die Parabel darin erkennen, fast eine Anleitung für ihr späteres Leben, die sie für lange Zeit nicht einfach vergaß, aber nicht lesen, nicht "übersetzen" konnte. Es ist nicht die Art des Himmels, sich zu wiederholen. Er spricht nur einmal und dann wartet er, bis das Gesagte verstanden wurde, dauerte dies auch Leben auf Leben und noch ein Leben. Dann spricht er wieder.

Nach dem Abitur hatte Ysaj, wie Manche ihrer Generation, einige Zeit in Asien verbracht. Man trekkte. So nannte sich das Wandern und Herumlaufen auf dem großen Kontinent, das Eintauchen und zeitweilige Einswerden mit fremden Gerüchen, Sitten, Eßgewohnheiten, Kulturen, Gewürzen. Ab und an kaufte man von dieser Exotik, trug es zur Post und schickte es an die Heimatadresse, wo es von Freunden bis zur Rückkehr gehortet wurde. Anderes kaufte man, weil es sich auf dem Weg als nützlich erwies und so schleppte Ysaj nach einigen Monaten ein nicht unbeträchtliches Gepäck mit sich herum, das sie nicht gedachte, im Himalaya alleine zu tragen. Also kaufte Ysaj einen Esel, dies war in Nepal, ein jämmerliches, mageres Tier, das sie drei Wochen aufpeppelte, da sie befürchtete, er könnte sonst nicht bis Darjeeling durchhalten. Sie bürstete ihn und ließ ihn weiden, wofür sie einen der ansässigen Bauern bezahlte. Kaufte Getreide und fütterte dies zu, stellte ihn warm unter. Der Esel, solch gute Behandlung nicht gewöhnt, war glücklich und wich nicht von ihrer Seite, sobald sie auftauchte.

Als sie den Esel am Abreisetag belud, erschien er ihr immer noch mager, aber kräftig genug für den größten Teil des Gepäcks. Den Rest schulterte sie und war froh über die Leichtigkeit des Rucksacks, der zuvor beträchtlich mehr wog. Ein früher Frühling war ins Land gezogen mit den frischen und morgens noch kalten Winden der Gebirgswelt und Ysaj hatte diesen Wink des Himmels, wie es ihr schien, begrüsst. Sie hatte Zeit aufzuholen, Bekannte warteten in Darjeeling und sie war ohnehin spät dran, hatte sich zu lange in Nepal aufgehalten und jetzt drängte die Zeit. Mit dem Esel würde sie zudem schnell vorankommen, was er auf dem Weg nicht an kräftigem Futter fände, band sie ihm auf den Rücken. Fünf bis sechs Tage, das war zu schaffen. Sie verabschiedete sich von ihrer Gastfamilie mit kleinen Geschenken, bekam Amulette und bunte Tücher und zog nach einem letzten gemeinsamen Essen los.

Das Wetter war wunderbar und die ersten Tage kamen sie gut voran. In den kalten Nächten erwies sich der Esel als so klug, sich für einige Stunden mit ihr ans Feuer zu legen, was zusätzlich wärmte. Tagsüber trieb sie ihn nicht allzusehr zur Eile an, die aufblühende Gebirgswelt war so schön, dass sie hier und dort stehenblieb um die grandiosen Panoramen zu bewundern oder einfach nur eine frisch erblühte Blume zu betrachten, deren Namen sie nicht kannte. Am zweiten Tag hatten sie eine Gruppe Inder getroffen, die Räucherwerk und Tee nach Katmandu transportierten, die Rücken ihrer Lasttiere waren so durchgebogen, dass es Ysaj einen Stich gab. Aber sie sagte nichts, ließ sie sogar lachen über den Rucksack auf ihrem Rücken, trank Tee mit ihnen und holte Auskünfte über den Weg ein. Der Paß sei frei seit über einer Woche und man käme schnell voran erfuhr sie bei der zweiten Tasse Caj. Auch gäbe es einen neuen Unterstand, in dem sich gut übernachten ließe auf dem Pass, Lee - meistens jedenfalls, die Winde kamen ja hier sowieso wie sie wollten. Mit etwas Glück könnten sie in einer Woche die nächsten Waren befördern. Als Ysaj sich später auf den Weg machte, winkten sie ihr nach, bald darauf nahm eine Felswand ihr den Blick und sie hörte nur noch ihre Tshi-Tsha-Rufe, mit denen sie die Tiere antrieben.
Am Abend holte sie die gefütterte Kleidung aus dem Gepäck, gab dem Esel Getreide und redete ihm gut zu. "Morgen kommt der schwerste Abschnitt und vielleicht auch noch übermorgen, wenn wir trödeln. Aber dafür sind wir zwei dann so hoch über dem Meeresspiegel, wie wir es nie waren". Der Esel blickte sie kurz an und fraß dann weiter. "Naja, ich jedenfalls nicht", lachte sie. "Wer weiß, wo Du schon überall warst". Kraulte ihn hinter dem Ohr und schlief kurz darauf ein.
Der nächste Morgen brach klar und sonnig an, auch wenn sie von der Sonne nicht viel hatten, da einer der großen Berge seinen Schatten warf. Es gab keinen Frühnebel, was sie als gutes Zeichen wertete, vielleicht waren sie aber auch einfach nur zu hoch. Ysaj trank ihren Tee und studierte die Karte. Wenn sie sich etwas beeilte, schaffte sie es am Abend bis auf den Pass und konnte den Abstieg gleich morgen beginnen, also fiel das Frühstück kurz aus und sie trieb den Esel an.
Aber am Scheideweg zum Pass fiel dem Himmel dann ein, zu ihr zu sprechen. Der Esel war vorgelaufen und bog links auf den Weg, der ins Tal hinabstieg, so dass sie rennen musste, ihn einzuholen. Sie packte die provisorischen Seilzügel und bekam den Esel nicht vom Fleck. Das sture Tier weigerte sich, den rechten Weg zu nehmen, sondern wollte auf den linken, der weitaus länger war und sie noch weitere neun Tage bis Darjeeling kosten würde. Über den Pass waren es drei. Sie zog und zerrte, der Esel schrie leise. Dann sprach sie auf ihn ein, kraulte ihn, versuchte, ihn mit seinem Kraftfutter zu locken. Nichts. Er rührte sich nicht vom Fleck, bockte wider seine sonstige Art und war halt stur wie ein Esel. Ysaj, wütend und von der Anstrengung, einen festgewachsenen Esel bewegen zu wollen, erschöpft, ließ sich auf einen großen Stein nieder und rauchte eine Nelkenzigarette. Dabei schimpfte sie auf den Esel ein. Du dummes Tier! So ein langer Weg. Sie warten auf mich drüben. In einem fort.

Aber es war entschieden. Ysaj, nicht fähig, das Tier zu schlagen und es auf den Pass zu prügeln, nahm den Weg durchs Tal. Streckte den Proviant und zog das Tempo an. Der Esel trottete brav mit, siegessicher. Er hatte den Zweikampf gewonnen und das wurmte sie. Als sie am vorletzten Tag an die Stelle kamen, an der die zwei Wege wieder zusammenführten, meinte sie, in dem I-A des Esels einen Trimphschrei zu hören. Ja, er hatte gut lachen. Für ihn hatte sie genug Futter mit.

Als sie am nächsten Mittag in Darjeeling ankamen, lief ihr eine aufgebrachte Schar Dorfbewohner über etwa einen Kilometer entgegen. In dem heillosen Durcheinander an Zurufen erkannte sie einige englische Worte und wandte sich dem aufgeregt gestikulierenden Mann zu. Ob sie vom Pass käme. Nein, sie wäre durch das Tal gegangen. Der Mann übersetzte. Wieder ein aufgeregtes Durcheinanderrufen. Sie war müde, hungrig und erschöpft und wollte nichs weiter als eine warme Mahlzeit und ihre Ruhe. Doch die Leute ließen sie nicht durch, löcherten sie mit Fragen, ob und wen sie getroffen hätte. Sie berichtete von der Gruppe Inder. Wann? Vor etwa zehn Tagen, antwortete sie. Der Tumult wurde noch lauter, Hände streckten sich ihr entgegen, eine Frau brach weinend zusammen und wurde von anderen Frauen auf die Füße gezogen. Andere Leute begannen ebenfalls, zu lamentieren, während wieder andere auf sie einriefen. Der Inder schrie auf Englisch, damit sie ihn überhaupt hören konnte. Ein Blizzard. Vor neun Tagen. Oben auf dem Pass. Gefährlich grad im Frühling. Seitdem immer wieder Stürme dort oben. Mindestens sieben Leute erfroren. Einer nur konnte sich retten und kam vor Tagen schon. Der Pass nicht begehbar. Sie könnten niemanden hochschicken, um nachzusehen. Blizzard. Erfroren. Blizzard.

Der Himmel hatte gesprochen. Nicht jetzt, aber es durchfuhr sie auf indischem Boden wie ein Blitz und erst im Donner öffnen sich die Ohren. Einige Minuten stand sie, stand einfach nur und starrte. Dann, inmitten des Pulks, setzte Ysaj sich auf ihren Rucksack. Nahm die weiche Nase des Esels zwischen ihre Hände. Und küsste sie.


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Ulmenjahr


Esel

Dienstag, 6. Dezember 2005

Äpfel

"Erzähl mir von Jolanda".

"Jolanda....". Maria rührte in ihrer Teetasse, es war altes Porzellan und eine gute Qualität, trotzdem waren die ehemals leuchtenden Blumen verblichen. Die Frauen sagten, das wäre in der Zeit passiert, als es kein Spülmittel gab und sie das Geschirr mit Waschpulver abwuschen. Später gab es dann kein Waschpulver und sie wuschen die Wäsche mit Kernseife. Das war in den frühen Achzigern, als Kaffee und Zigaretten eine seltsame Währung wurden, als es einen grauen Markt gab und ständig jemand nach Italien, Österreich oder Deutschland fuhr und mit einen Kofferraum voll Waschpulver oder Speiseöl zurückkam oder anderen Dingen, an denen es grade mangelte.

"Jolanda war immer anders", seufzte Maria. "Das sah man schon an den Augen. Sie hatte als Einzige von uns allen grüne Augen. Wir Anderen hatten die blauen Augen der Eltern oder braune, die von unserer Großmutter. Du weißt ja, braun ist dominant auch in späteren Generationen". Sie reichte Ysaj den Teller mit Gebäck und Ysaj nahm ein Stück Orahnjaca, der Kuchen war noch lauwarm. Maria goß Tee nach, und immer, wenn es ruhig war in diesen Räumen, rückte die Zeit an einen heran wie ein Raubtier auf der Pirsch. Das lag daran, dass es nie wirklich still war. Maria besaß eine Uhrensammlung; niemand wußte, wie viele Uhren es genau waren, die überall herumstanden oder an den Wänden hingen. Große, aufziehbare Uhrwerke, Standuhren, kleine, batteriebetriebene Wecker, aufziehbare Wecker, Uhren mit Digitalanzeige, kleine Standuhren, Uhren aus England, Frankreich, Deutschland, der Schweiz; russische Uhren und ungarische, bulgarische Uhren, Uhren aus der Heimat, Uhren aus Griechenland, Taschenuhren aus England und den USA, niemand konnte es aufzählen. Uhren aus so vielen Ländern und Uhren aus jeder Zeit. Sie hatte eine Kukucksuhr, die war so alt, dass sie noch ein Holzuhrwerk hatte. Marias ganzer Stolz. Nur Armbanduhren mochte sie nicht. Nie sah man sie eine Uhr tragen.

Wenn Maria sagte, es sei still, meinte sie, dass niemand sprach. Denn in allen Räumen tickte und tackte es durcheinander. Es gab keinen Einklang im Geräusch der Uhren. Manche Uhren meldeten lautstark nur die volle Stunde, andere wiederum meldeten die Viertelstunden: Ein Schlag für eine Viertelstunde, zwei für halb, drei für eine Dreiviertelstunde, vier für eine volle - und dann wechselten sie die Tonlage und schlugen die Anzahl der Stunden. Zwei Uhren spielten dazu noch große Vorbilder nach: Big Ben und die Kathedrale von Zagreb, so dass die vollen Stunden zu einem schrägen Konzert wurden, das durch die Räume hallte. Maria konnte es nicht leiden, wenn die Uhren nicht gleichzeitig die Stunden schlugen, auch wenn es nichts ausgemacht hätte, denn die Melodien begannen ohnehin bei jeder Uhr anders. Jeden Tag kontrollierte sie die Uhren, zog sie auf, stellte sie nach der neuen Atomuhr. "Man glaubt es nicht", sagte sie immer, "die alten Uhren gehen viel genauer als der spätere mechanische Kram, wenn man sie zu pflegen weiß". Dabei blickte sie verzückt auf die alte Kukucksuhr mit ihren als Eichenzapfen geformten Gewichten an ihrem Ehrenplatz in der Stube. "Die Deutschen", seufzte sie dann, "die Deutschen und die Schweizer, die konnten Uhren machen!"

Ysaj kaute den köstlichen Kuchen und versuchte, nicht auf die überall um sie herum gezählte Zeit zu achten. Tick-tack. Tack-tick. Ticketack-tack.
"Ich glaube, wir hatten Angst vor Jolanda", meinte Maria, ebenfalls kauend.
"Nicht direkt. Nicht, dass wir es gewusst oder zugegeben hätten. Aber sie war so anders".
"Inwiefern anders"?
"Ein wenig verrückt. Auf eine ganz seltsame Weise. Beunruhigend".
Maria fixierte die alte Uhr, ihr Lieblingsstück, stand dann auf und verschwand in der Küche. Man hörte sie eingie Schubladen aufziehen, dann das "Klick" des Anzünders für den Gasherd. Mit einem weichen Lappen in der Hand kehrte sie zurück und wischte etwas Unsichtbares von den Gewichten der Uhr.

"Maria?"
"Hmh?"
"Was meinst Du mit sie war ein wenig anders? Was war beunruhigend?"
"Ah, ja". Während sie in den Sessel sank, legte Maria den Lappen auf die Lehne und nahm noch ein Stück Kuchen.
"Das zeigte sich an ganz alltäglichen Situationen, Ysaj. Situationen, die auf einmal ein Eigenleben bekamen. So als wäre ein Geist in alle gefahren". Sie schlürfte den heißen Tee, tunkte den Kuchen hinein und sprach mit vollem Mund weiter:
"Das hört sich jetzt dramatischer an, als es ist. Es war nicht... benennbar, nicht auszusprechen....Zum Beispiel wohnte damals neben uns ein Bauer. Der hatte einen ganzen Garten voll Apfelbäume. Jeden Morgen im Spätsommer und Herbst ging er heraus und sammelte die Äpfel ein. Einen Teil verkaufte er, den größten Teil verfütterte er an seine Schweine. Er stand ganz früh auf, noch im Dunkeln, und fischte mit einer Harke auch die Äpfel auf, die auf unser Grundstück gefallen waren.
Manchmal waren wir schneller und konnten sie vorher einsammeln, aber meistens war er schon da gewesen. Wir waren immer hungrig damals. So waren die Zeiten eben. Aber der Bauer war halt, wie er war, und Mutter hatte gesagt, wir sollten nicht mit ihm streiten. Nur Jolanda....Jolanda sah das ganz anders. Ein anderer Nachbar hatte ihr nämlich gesagt, die Äpfel, die auf unser Grundstück fielen, seien rechtmäßig unser Eigentum. Das war ein gebildeter Mann und Jolanda sah den Bauern fortan als Dieb. Als jemanden, der ihr das Frühstück stahl. Ich sah das vielleicht auch so, ich weiß es nicht mehr, aber Jolanda war so... empört, so voller Zorn, dass sie dem Bauern wünschte, er solle in seiner Jauchegrube etrinken".
Wieder blickte sie auf die Uhr. "Der Mocca kocht uns über wenn wir nicht in die Küche gehen".

In der Küche setzten sie sich an den Tisch, der Mocca war noch nicht soweit.
"Das wäre alles ganz normal gewesen", fuhr Maria fort, während sie die Moccatassen aus dem Schrank holte, "wenn sich nicht einige Zeit darauf genau das zugetragen hätte. Der Bauer hatte eine tiefe Jauchegrube hinter dem Schweinestall. Dort stand die Gülle bestimmt zwei Meter hoch, wie lang die Grube war, weiß ich nicht mehr. Jedenfalls war sie riesig und stank. Und in diesem Spätsommer gab es einen der typischen Wolkenbrüche, es goß wie aus Eimern. Kein Mensch, der nicht unbedingt mußte, ging aus dem Haus - nur Jolanda und er. Sie, weil sie vor ihm bei den Äpfeln sein wollte und er, weil er so geizig war".
Sie stellt die Zuckerdose auf den Tisch.
"Big Ben" begann zuerst und unmittelbar fielen alle anderen Uhren mit ein. Sechs Uhr. Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit, dem Klang nachzulauschen, fuhr Maria fort, sobald sich das Uhrengewitter ein wenig beruhigt hatte. Vom letzten Nachhall der "Zagreber Kathedrale" begleitet sagte sie:

"Nun, er war schneller. Es war noch dunkel aber er war vor ihr da und sie konnte grade noch schemenhaft sehen, wie er mit seinem Weidenkorb in Richtung Schweinestall abmarschierte. Völlig durchnässt kam sie ins Haus, zog sich aber nicht um, sondern stellte sich an den Ofen und starrte in die frisch entfachte Glut. Sie hatte einen ganz merkwürdigen Blick. Ich fragte sie, ob sie Tee wolle, aber sie gab keine Antwort. Mir war es egal, Jolanda war halt seltsam. Als sie die Schritte unserer Mutter auf der Treppe hörte, ging sie mit dem Gesicht noch näher ans Feuer. Dann ballte sie die Fäuste und zischte schnell: "In deiner Jauchegrube sollst du ertrinken, am Dreck deiner Schweine die unsere Äpfel fressen!" und rannte die Treppe hoch an Mutter vorbei, die schimpfte, weil Jolanda bis auf die Haut nass war vom Regen".

"Bleib sitzen". Der Mocca hob sich und Ysaj trat an den Herd. Maria lächelte und sagte: "Lass ihn sich zwei Mal heben".
"Ich weiß, Maria", lächelte Ysaj zurück. "Was ist dann passiert?"
"Danach? Der Bauer ist ertrunken. Es kamen solche Wassermassen vom Himmel, er ist in dem Schlamm ausgerutscht und in die Jauchgrube gefallen, die vom Regen sowieso schon übertrat. Das war eine Sauerei, sag ich Dir!" Sie lachte. Stand auf und legte Pistazien in ein Schälchen, das sie auf den Tisch stellte. Der Mocca war fertig und Ysaj schöpfte mit einem Löffel den Schaum ab, verteilte ihn gerecht auf die zwei Tassen, bevor sie eingoß.
"Eine Sauerei ohnegleichen!" lachte Maria und setzte sich wieder. "Das Gewitter war so laut, niemand hörte irgendetwas. Der Bauer wurde erst zwei Tage später in der Gülle gefunden, da schrien die Schweine schon vor Hunger. Aber Schweine sind ja sowieso empfindlich".
Sie nippten an dem Mocca; er war gut. Erstklassiger Arabica.
Maria legte ihre Hand auf Ysajs. Ihre Stimme wurde leiser.
"Es muss ungefähr eine Woche später gewesen sein, da wachte ich mitten in der Nacht auf und Jolanda saß an meinem Bett. Sie hatte wieder diesen seltsamen Blick.
Maria, sagte sie, ich hab den Bauern umgebracht. Ich war ganz erschrocken. Wie meinst du das, du hast ihn umgebracht? hab ich sie gefragt. Na, umgebracht. Ich hab ihm gewünscht er soll in der Gülle ertrinken und das ist er auch. Ertrunken in der Jauchegrube wie ichs ihm gewünscht hab!
So ein Unsinn! hab ich gesagt. Und dass es ein Unfall war und dass Gottes Wege unergründlich sind und all sowas. Aber Jolanda war fest davon überzeugt, sie habe den Bauern getötet. Es war ihr nicht auszureden. Schlimmer noch, sie hatte ganz arge Albträume, wachte heulend und schweißgebadet auf... und das noch lange Zeit nachdem der Bauer ersoff".
Sie machte eine kurze Pause, dann begann sie, die Pistazien zu schälen.
"Da war nichts zu machen, sie glaubte, dass sie an seinem Tod schuld war. Keiner sonst hat das geglaubt, das waren für uns alles Hirngespinnste aber niemand konnte sie vom Gegenteil überzeugen, nicht einmal Vater. Iß!"

Ysaj nahm die geschälten Pistazien und schob sie sich gedankenverloren in den Mund. Der Tod des Bauern in der Jauchgrube, umgeben von Donner und Regen, hatte etwas Düsteres. "Und damals begann es", murmelte Maria, erhob sich erneut und nahm Schnaps aus dem oberen Schrank. Mit dem Kopf wies sie hinter Ysaj, die verstand und zwei Pinnchen vom Regal nahm. Mit einer nahezu verschwörerischen Geste goß Maria den Sljivovic ein.
"Natürlich war das mit dem Bauern ein Unfall, ein unglücklicher, dummer Unfall. Aber ich will Dir etwas erzählen, woran du dann siehst, was ich meine".
Sie stießen an und nippten beide am Pflaumenschnaps.
"Einige Wochen später passierte Folgendes, es war beim Abendessen für die Brüder. Die beiden ältesten Brüder waren schon Teenager und arbeiteten ja schon und sie aßen später, wenn sie von der Arbeit kamen. Wir hatten nicht viel und Mutter war der Meinung, wer arbeitet und Geld heimbringt, soll ordentlich essen. Also bekamen Vater und die beiden älteren Brüder auch mal Wurst oder Fleisch. In der Woche davor hatten Verwandte auf dem Land geschlachtet und Würste geschickt. Mutter teilte die gut ein und die Männer hatten regelmäßig Wurst zum Abendbrot. An einem Abend, die Mutter war noch Brot holen gegangen, stellte sich Jolanda zu unserem Ältesten an den Tisch. Sie war fünf damals, ich weiß es, weil ich sieben war. Und sie sah ihm zu, wie er die Wurst aß, die er sich als Letzes aufgehoben hatte. Er ißt also die Wurst und sie schaut ihn von unten an, jeden Bissen hat sie verfolgt mit ihrem seltsamen Blick. Er aber, ganz abgebrüht, aß weiter. Ich wußte, er würde ihr nichts abgeben, ich hatte bei ihm auch schon mehrfach versucht, etwas abzustauben. Wie er aber das letzte Stück auf die Gabel spießt und essen will, zischt Jolanda ihn an: "Dass du an dem ersticken mögest!"
Der Bruder: "Was hast Du gesagt?!" Ich dachte, jetzt setzt es Ohrschellen und wollte Jolanda helfen. Da hat sie mich nur kurz angesehen und ich schwöre Dir ihre Augen! Das war ein ganz seltsames Grün. Auch der Bruder hat es gesehen. "Bleib, wo du bist!" sagt sie zu mir, dann dreht sie sich wieder zu ihm und faucht: "Die ganze Zeit sehe ich Dich an, dass mir ein kleines Stückchen nur abgibst. Jetzt kannst von mir aus am letzten ersticken!"
Maria kippte den restlichen Schnaps in einem Zug herunter. "Was soll ich sagen? Er gab es ihr. Nicht nur das Stück. Er gab ihr jedes Mal, wenn es Fleisch oder Wurst gab, die Hälfte. Der andere Bruder auch. Und sie hat es mit mir geteilt und den Kleinen. Verstehst Du?"
Sie goß sich nach.

Das Tick-Tack-Tack war verschwunden, Ysaj hörte die Uhren nicht mehr. Dafür meinte sie aber, das Meer zu hören oder das Rauschen von riesigen Wäldern. Eine weite, wohlige Wärme hatte sich in ihr ausgebreitet und die rührte nicht vom Schnaps, von dem sie nur kurz genippt hatte. Diese Wärme kam aus einem Raum hinter Marias blauer Iris, aus Marias gemeinsamer Zeit mit Jolanda. Sie hob ihr Gläschen und die beiden Frauen stießen an. Maria lachte hell und schlürfte vom Sljivovic.
"Es gehört sich für eine Dame nicht, zwei Pinnchen zu kippen", lächelte sie verschmitzt. "Komm, es wird Zeit! Wir nehmen den zweiten Mocca in der Stube. Da Jolanda nicht da ist, mußt heute Du statt meiner Schwester mir aus dem Kaffeesatz lesen". Sie hatten die Stube betreten und Maria nahm eine kleine Samtschachtel aus dem Schrank und gab sie Ysaj. "Und dafür bekommst Du das".
Als Ysaj die Schachtel öffnete, lag dort ein silberfarbener Kugelschreiber. "Schöner, moderner Kram", wie Maria sagte. Und im oberen Teil des Kugelschreibers blitzte ihr die LED-Anzeige einer kleinen, eingebauten Uhr entgegen. Natürlich. Sie lächelte. Einer Uhr.



Ulmenjahr

jelacic

Sonntag, 4. Dezember 2005

Der Duft der kleinen Welt.

Das ganze Land wurde von Mythen und Geschichten zusammengehalten. Wenn die Gebrüder Grimm je den Balkan erreicht hätten, sie wären sich wie im Paradies vorgekommen. Das Philosophieren über die Geschichten war Tradition gewesen in den feinen Salons der Städte, man genoß nicht minder die Geschichten selbst über die hernach debattiert wurde; und sogar jeder einfache Landarbeiter trug wahre Kostbarkeiten mit sich herum, Erzählungen und Märchen säckeweise. Das hat sich in der Moderne nur langsam verändert. Fährst du aufs Land ruhen dort die Geschichten auf den sanften grünen Hügeln, plätschern mit den Bächen in verzauberte Landschaften, hocken auf Heuhaufen und laufen den Wachgänsen nach.

Als Jolanda noch sehr jung war, das war im ebenso jungen Tito-Jugoslawien, Jolanda musste inetwa 14 Jahre alt gewesen sein, bewarb sie sich für eine Ausbildungsstelle bei einem Bibliothekar. Ihre ältere Schwester besaß ein paar Schuhe und immer, wenn Jolanda eine offizielle Stelle aufsuchen musste, trug sie diese Schuhe, ansonsten lief sie barfuß. Jolanda wartete und wartete an diesem Tag, doch die leichtlebige Schwester kam nicht heim, war zu irgendeinem Rendezvouz gegangen und hatte Jolanda vergessen oder es war ihr einfach egal. Die Zeit wurde knapp und Jolanda, in einem ambivalenten Gemütszustand, einer Mischung aus Zorn auf die Schwester und Scham ob der fehlenden Schuhe, zog ihr bestes Kleid an, bestieg die Tramvaj und fuhr in die Stadt zum Vorstellungsgespräch.

In der Innenstadt lief sie zum Fernsprecher. Wie beim ersten Anruf meldete sich eine freundliche Frauenstimme und bestätigte ihren Termin in einer halben Stunde. So gern sie auch sonst durch die farbenfrohe Innenstadt mit ihren wunderbaren Düften schlenderte, setzte sich Jolanda an diesem Tag auf eine Bank und wartete. Die Passanten sahen auf ihre nackten Füße, manche schüttelten unwillig den Kopf, andere blickten ihr direkt in die Augen als suchten sie dort etwas Fremdes, ja Verruchtes. Trotzig erwiderte Jolanda den Blick, schob das Kinn vor und schluckte die aufkommenden Tränen herunter. Der Minutenzeiger auf der großen Uhr, die über den Platz der Republik (heute: Jelacic-Platz) thronte, schleppte sich zäh voran.

Vielleicht war es dieses Warten oder etwas in Jolandas kindlichem Gemüt, das einen Anker suchte, eine Tür in diesem Wall aus Blicken. Als sie zwanzig Minuten später die Buchhandlung betrat geschah etwas mit ihr. Die großen Regale, bis an die Decke gefüllt mit Büchern, verbreiteten eine fast erotische Atmosphäre. Oben, auf der Galerie, standen die duftenden, alten Lederbände und waren das Schönste, das Jolanda in ihrem Leben gesehen hatte. Diese alten Bände standen in der Verkaufsabteilung, die einen Auszubildenden suchte. Als sie den Gang zwischen den Regalen zur Kasse schritt sah sie staunend nach links und rechts: immer nur noch mehr Bücher. Es mag sein, dass Jolanda sich an diesem Tag verliebte. In die Bücher. In den Duft der Ledereinbände, die sie später so bevorzugte. In die Atmosphäre. In ihr späteres Leben. In einen Teil ihres Selbst, der bis dahin nur zitternd und versteckt in ihr gewartet hatte auf einen Fluchtweg und ihn jetzt mit beiden Händen ergriff mit einer Intensität, die Jolanda haltlos überfiel, wie sie dort zwischen all diesen Büchern stand, offenen Mundes, und kaum begriff, wie ihr geschah, was ihr geschah.

Die Verkäuferin an der Kasse lächelte, es war die freundliche Stimme vom Telefon, die ihr den Weg ins Hinterzimmer wies. Nervös klopfte sie an und betrat nach einem sonoren "Herein!" den Raum. Der gutgekleidete Herr in mittleren Jahren erhob sich und trat hinter seinem Schreibtisch hervor, seine Hand ausstreckend, um sie zu begrüßen. Er nahm ihre Hand in seine, schüttelte sie - und stutze.

"Junge Dame", sagte er daraufhin und wies auf ihre nackten Füße. "Ist das jetzt eine neue Mode?"
"Nein", erwiderte Jolanda beklommen und blickte ihn trotzig an.
"Warum erscheinen Sie dann barfuß? So läuft man nicht herum, Kind".
Seine Stimme war warm, auch wenn die Verwunderung aus ihr sprach. Jolanda zögerte. Sicher waren eine Menge Bewerber angemeldet, die hier standen oder noch stehen würden in Schuhen. Arbeit war knapp und begehrt in diesen Jahren. Sie sah die Tür zu dieser wunderbaren Welt sich wieder schließen, dachte an all die Bücher im Ladenraum und ihr Zorn auf die Schwester flammte erneut auf, heiß und bohrend. Maria, die von diesem Termin wusste. Maria, die nicht heimgekommen war und jetzt in den Schuhen herumstolzierte, die sie hätten retten können.
Und dann, in dem Strudel der Gefühle, die sie zu übermannen drohten, kam das alte Blut ihr zuhilfe und sie sagte gerade heraus:
"Nein, Onkel. Es ist keine neue Mode, es ist Zeugnis für Armut. Und derer muß man sich nicht schämen". Und erzählte ihm von Maria und den Schuhen.
Der Mann musterte ihr Gesicht. Lange. Dann lächelte er und griff zum Telefon.
"Frau Jadranic, würden Sie bitte kurz hereinkommen".
Er bot Jolanda einen Stuhl an und sie setzte sich in den ledergepolsterten Hafen vor seinem Schreibtisch, presste die zitternden Knie aneinander und sah ihm zu, wie er einige Papiere aus seinem Schreibtisch zog. Eine ältere Dame betrat den Raum, ihr Parfum roch nach Veilchen und gab dem Silber ihres Haares etwas Sanftes.
"Ah, Frau Jadranic", sagte der Buchhändler. "Bitte geben Sie unserer neuen Auszubildenden 50 Dinare, damit sie sich Schuhe kaufen kann. Und bitte hängen Sie ein Schild im Schaufenster aus, dass die Stelle vergeben ist".

Die Frau blickte auf Jolandas Füße, die diese unter dem Stuhl zu verstecken suchte, sagte aber nichts. Jolanda begriff zuerst nicht. Doch der Mann trat zu ihr, reichte ihr die Papiere und sagte: "Das hier bringen Sie bitte ausgefüllt wieder mit". Dann gab er ihr erneut die Hand und sagte zwinkernd: "Willkommen bei uns. Am Montag fangen Sie an und kommen Sie bitte mit Schuhen".
Er lachte und es war ein Geräusch wie Frühsommer, wenn die Bäume im Wind anders klingen, da sie Blüten tragen. Als sie hinter der älteren Dame zur Kasse schwebte, schienen die Bücher sie anzulächeln. Sie nahm die 50 Dinare, erhielt einen Rat, wo gute Schuhe zu kaufen seien und verließ, immer noch schwebend, die Buchhandlung.

Den Weg zum vier Straßen weiter gelegenen Schuhladen hüpfte sie unter weiteren Blicken, die ihr jetzt nichts mehr ausmachten. Im Laden gab man ihr unter verwundertem Tuscheln zwei paar Strümpfe, damit sie die Neuware anprobieren konnte. Und Jolanda probierte und probierte an, bis die Verkäuferin ungeduldig wurde und säuerlich das Gesicht verzog. Dann fiel Jolandas Blick auf ein Paar Schuhe, die damals modern wurden, beige, an Absatz, Ferse und Spitze mit schwarzem Leder abgesetzt. Schuhe, wie sie die Mutter schon immer haben wollte. Und wir wissen, was sie getan hat: Sie hat diese Schuhe gekauft. In der Größe ihrer Mutter, die irritierte Frage der Verkäuferin ignorierend: "Ja wollen Sie diese denn nicht anprobieren?"

War heimgefahren. Hatte allen gesagt, dass sie die Stelle bekommen hatte. Hatte zu Abend gegessen mit der riesigen Familie, den älteren Brüdern zugehört, wie sie über die Arbeit sprachen und sich dazugehörig gefühlt. Jetzt war sie kein Kind mehr. Hatte mit der Mutter abgewaschen und Mocca gekocht. Und als es stiller wurde im Haus, weil die Brüder ausgegangen waren und die Kleinen schon schliefen, der Mutter die Schuhe geschenkt. Die das alte Blut sie hatte kaufen lassen, ein Impuls, der so alt war, so alt und den die Anderen immer als verrückt bezeichnen würden, was Jolanda an diesem Abend lernen sollte.
Die Mutter, erst sprachlos und gerührt, ihre Mutter, die sich nie etwas von dem hatte anmerken lassen, was ihr dann dort in der Küche sozusagen herausrutschen sollte, zog die Schuhe an, stolzierte in ihnen vor dem Ofen auf und ab wie eine große Dame und Jolanda lachte und klatschte dabei in die Hände. Auch die Mutter lachte, drehte sich um sich selbst, hielt dann plötzlich inne, zog Jolanda aus dem Stuhl und drückte sie an die Brust. "Ach", sagte sie. "Ach, ach", und Jolanda spürte, wie aus dem Lachen ein Weinen wurde. Sie wollte sich lösen, um der Mutter ins Gesicht zu sehen, doch diese presste sie mit so wilder Kraft an sich, dass sie innehielt. "Ach", schluchzte die Mutter. "Von jedem Anderen hätte ich sie erwartet.... Deine Brüder arbeiten schon so lange .. und keiner von ihnen hat an mich gedacht.." Das Schluchzen ging in einen Weinkrampf über. Jolanda umarmte die weinende Frau fest, strich ihr über das Haar; die Zärtlichkeit dieses Augenblickes, die Tiefe der Empfindungen, trieb auch ihr die Tränen aus den Augen. "Es ist alles gut, Mama", flüsterte sie, aber die Mutter schüttelte stumm den Kopf, dicke Tränen tropften von ihren Wangen auf Jolandas Schulter.
"Ach", schluchzte die Mutter, "von jedem Anderen hätte ich sie erwartet. Und von Dir, die ich am wenigsten von allen geliebt habe, von Dir bekomme ich sie".

Jolanda hatte die Stelle im Buchladen behalten. Sie erschien am kommenden Montag barfuß und erzählte ihrem Vorgesetzten unter Tränen von dem Vorfall. Er schickte Frau Jadranic mit ihr neue Schuhe kaufen - mit dem lachenden Kommentar, man wisse ja nicht, wieviele Schwestern sie noch hätte.


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Mittwoch, 9. November 2005

Gelübde.

Jasmina verzog das Gesicht und warf die halb geschälte Marone weg.
Ja, so war das: Es sah köstlich aus, eine vollkommene Schale, ein aromatischer Duft und am Ende war der Wurm drin, nunmehr vom Feuer geröstet, gar geworden durch die Hitze im Topf, der über der Feuerstelle hing.
"Würmer essen", murmelte sie. "Wer will schon Würmer essen?!"
"Hmh?" fragte Ysaj über das Feuer, eine Marone in der Hand.
"Ich meine, warum schleppt sie die Maronen über 1500 Kilometer mit, wenn die Hälfte von ihnen verwurmt ist?"
Ein Grinsen. "Wenn die Würmer sie mögen, kannst Du sicher sein, dass es Ökomaronen sind, wilde Maronen halt".
"Sie war schon immer so", murrte Jasmina, während sie eine weitere Marone von einer Hand in die andere rollte, um sich nicht zu verbrennen. Kauend meinte Ysaj: "Bevor Du hermnörgelst, dass jemand Dir Maronen von weit her mitbringt, solltest Du erstmal lernen, w i e man Maronen ißt. Man muss sie schwitzen lassen nach dem Topf, in ein Tuch einschlagen und ruhen lassen für einige Zeit. Dann lassen sie sich viel leichter schälen - und Du verschwendest nicht Minuten darauf. Ärgerst Dich auch weniger über die Würmer", setzte sie schmunzelnd nach und griff nach ihrem Weinglas.

"Es ist mir egal, ob ich dreißig Sekunden schälen muß oder dreißig Minuten, wenn der Wurm drin ist, ist der Wurm drin".
"Aha".
"Sie war schon immer so".
"Wie?"
"So... alles mit herumschleppend. Sie trug die Würmer lieber mit sich herum als mich, wollte mir sogar einreden, ich müsse hinter diesem Ballast, den sie sich, den sie uns aufhalste, zurückstehen. Aber es hat nichts gebracht, gar nichts!Wer will schon Würmer essen?"
Die Eßkastanie flog ins Feuer, einige Funken stuben, ein kurzes Zögern, dann leckte das Feuer mit vereinter Flamme ruhig die Schale entlang.
Der Wurm war drin, überall. Liebe nicht, vertraue nicht, denn die Geliebten und Freunde werden sich abwenden, wenn nicht durch Umstände oder Vorfälle, dann wird die Zeit sie wegspülen und in dir wird die Leere klaffen, die sie hinterlassen, das Stück, das sie dir aus dem Fleisch gerissen haben, das nicht nachwächst. Glaube niemandem, es gibt keine Beständigkeit, es gibt keinen Ort zum Rasten; du mußt weiter, immer weiter, gehetzt vom eigenen Pulsschlag, vom Atem der jagenden Sekunden, während du noch vom Nisten träumst. Weil du die Würmer nicht mit dir herumschleppen willst, mußt du allein gehen, nichts wird bleiben, niemand wird verweilen, denn der Wurm ist nun einmal drin in der Sache. Sie hat ihn dir vorgezogen, das war ihre Wahl, mit der mußt du jetzt leben. Es gibt kein Vertrauen, in jeder Umarmung lauert der Verrat; die Tatsache, dass er nicht heute hervorkommt ist vollkommen egal. Morgen wird er sich an dich heranschleichen oder in einer Woche, einem Monat, einem Jahr, zig Jahren, sich aus einer Umarmung herausschälen, ohne Vorwarnung, und in deinen Nacken springen, ein Stück aus dir herausreißen und dich zurücklassen mit weniger, als du zuvor warst. Jasmina zitterte. "Ich verstehe nicht, wie Du weitermachen kannst", murmelte sie. "Ich verstehe es einfach nicht". Auf allen Vieren kroch sie zu Ysaj, legte den Kopf auf deren Oberschenkel, bettete ihn wie zum Schlaf, das lange Haar fiel herab und kitzelte Ysajs Füße. Jasminas Augen waren sehr dunkel, das Gesicht vom Feuer abgewandt, sanfte Schatten über den Brauen, schaute sie nach oben, blickte Ysaj aus den Tiefen des eigenen Schoßes an: "Warum?"

Ja, dem Leben war nicht zu trauen; nur dem Tod kannst du vertrauen, er hat noch nie jemanden betrogen, allein der Tod ist wahrhaftig, gaukelt nichts vor, an ihm prallt der Verrat ab, lässt ihn unbeeindruckt, still. Er wird dich nicht verlassen, dich nicht hintergehen, dich nicht täuschen, nicht von der Zeit mürbe gemacht werden. Seine Hinterlassenschaften sind nicht bitter. Verhalten lachte Ysaj auf, der rote Lebenszorn stemmte sich gegen ihre Schläfen, weigerte sich, weiter darüber nachzudenken, Jasminas stummen Worten zu folgen auf einen Pfad, der ihm verboten war, ihn ausschloß, sinnlos machte. Ja, warum?

"Wegen der Schnecken".
"Was?"
"Wegen der Schnecken".
Für einen langen Moment schien Jasminas Gesicht vollkommen in der Zeit eingefroren, eine Mischung aus Erstaunen, Fassungslosigkeit und Befremdung hatte die Züge vollständig gelöst und geglättet; es war ein anderes Gesicht, eine andere Jasmina lag dort, aus der plötzlich ein mänadenhaftes Gelächter ausbrach, das die Tränen in die Augen trieb. Ysaj fiel augenblicklich mit ein, sie lachten und lachten, lachten, bis der Leib schmerzte, lachten weiter, japsten kichernd nach Luft und fielen in neue Lachsalven, lachten Tränen, hielten sich den Bauch, lachten Sphären - bis die namenlose Belustigung langsam abebbte und einer heiteren Stille Raum gab, nur ab und zu unterbrochen von einem Glucksen, einem Kichern, einem Grinsen und dem Knistern des Feuers.
Die andere Jasmina wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
"Schnecken", kichert sie. "Du bist wirklich seltsam".



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Rubrik Ulmenjahr

Sonntag, 6. November 2005

Blutfieber

im Ulmenjahr

Samstag, 22. Oktober 2005

...

In den Städten verkrochen sie sich gleichermaßen. Parzelle neben Parzelle, stumpf gegen jedes Leben, das durch die Wände dringen könnte, in ihre Einsamkeit sickern; mit Ausnahme von Ärgernissen, die einander dann vorgehalten wurden, manchmal hinter vorgehaltener Hand, dann wieder durch die Einschaltung von Instanzen. Trotzdem war die Annahme, auf dem gelben Berg in Einsiedelei zu leben, sei der schwere Weg, ein Irrtum. Die Städte mit ihren Drohnenbehausungen sind die wahre Herausforderung; in all ihren Verzerrungen ja sogar in der Pervertierung des Lebens. Dort zu bestehen verlangte die Kraft der Natur, eben jene Kraft, welche die Stätde aussperrten, verdrängten, unter ihrem Lärm täglich zu Grabe trugen.
Das Loch war erst ungefähr 20 cm tief, doch Ysaj schwitze unter ihrer Winterkleidung, der gefrorene Boden bot jetzt einen fast federnden Widerstand, an dem der Spaten abprallte, bevor sie ihn mit ihrem Körpergewicht gegen den schlafenden Frost stemmte. Erdklumpen und feines Wurzelwerk. Es war nicht richtig. Nicht inmitten der Stadt. Die Stadt, die aussaugte, assimilierte, auswarf und zermalmte. Alles unter sich begrub. Es war nicht richtig. Ihr kam in den Sinn, mit dem Frost zu sprechen, der sich so hartnäckig gegen die kleine Schaufel wehrte, vielleicht war sein unerschütterlicher Schlaf schon die Antwort auf ihre Zweifel. Man spricht besser mit dem Frost oder den Krähen, dem Komposthaufen und den Büschen. Sie sind keine Ansammlungen von Überzeugungen und Thesen, sie machen dich nicht müde durch Erklärungen und Diskussionen. Noch wickeln sie dich ein in ihre Erwartungen wenn du ihnen begegnest. Sprich mit dem Regen und er wird Neues zu berichten haben. Sprich mit den Bäumen und sie wissen von Liedern, die seit Jahrhunderten vergessen. Oder lausche dem Wind: Er weiß alles über deinen Atem. Nichts, was du je von Menschen zu hören bekommst, ist dazu in der Lage.
Ysaj hielt inne. Der Spaten steckte fest.



Rubrik Ulmenjahr

Freitag, 7. Oktober 2005

Gemmen.

Das Werk der Gnome wurde unter dem beißenden Atem der weltumspannenden Bestie weniger und weniger geschätzt. 1998 betrug der Karatpreis (Brilliant) Qualität Top-Wesselton um die 8000-8500 DM. 2005 lag der "Wert" bei rund 2900 Euro. Ysaj schaute auf das Kleinod unter der Lupe des Juweliers.
Er wußte, was dort vor ihm auf dem blauen Samt lag.
"Irgendwo...." Sie überlegte. Ja, es hatte ein Zertifikat gegeben.... Unmöglich, nachzuhalten, wo es sich jetzt befand.
"Mit Zertifikat erhalten Sie für die Diamanten 1800 Euro", sagte er, legte die Finger um die Solitärfassung, nahm die glatten 18 Karat in Besitz, die Andrea so liebevoll um die Kleinode gelegt hatte. "Ohne.... vielleicht ein Viertel von dem, was Sie damals bezahlt haben. Es bräuchte ein Gutachten... dafür müssen sie aus der Fassung.... da Sie kein Zertifikat haben...". Und du wirst sie für 3600 verscherbeln, dachte Ysaj. Mindestens.
"Ich kann sie aber nur in Kommission nehmen und dann sehen wir, ob sie sich verkaufen lassen". Die Brillianten fauchten unhörbar, als er nach dem zweiten Ohrring griff.
"Dann werde ich sie mal reinigen..." murmelte er, halb abgewandt, seine Stirn schon ein Zahlenrechen.
"Nein". Ysajs Linke streckte sich ruhig vor, die Handfläche nach oben.
"Wie Sie wollen". Der Mann zuckte mit den Schultern und legte die Geschöpfe der Emsigen in ihren Handteller, ließ sie gleichsam aus seinen Klauen. Unter dem profesionell ausgerichteten Licht explodierten Funken auf Ysajs Lebenslinie, die Steine warfen prickelnde Mikrokosmen aus Feuer und Eis über die Haut.

Einige Blocks lief Ysaj ziellos durch die belebten Straßen, dann setzte sie sich auf eine Bank und tauschte die Perlen an den Ohren mit den Brillianten. Goldener Oktober. Sonne, die Straßencafés voll mit Menschen, die bei Latte Macchiato, Pils und Wein den warmen Herbsttag genossen.
"Entschuldigen Sie, können Sie mir vielleicht mit 20 Cent aushelfen?" Ein junger Mann, ein Mittzwanziger mit Baseballkappe und grauer Jacke, beugte sich über sie, schaute auf die Perlen, die grade im Etui verschwanden. "Nein!" knurrte Ysaj und er entferte sich, vom Ausdruck ihrer Augen erschreckt. Sie zündete eine Zigarette an, zählte ihre Kupfermünzen. Eineinhalb Brötchen. Oder ein Hörnchen.
Laut lachte sie auf, die Absurdität der Situation schüttelte ihren Körper, Wellen eines dionysischen Humors, als sie dachte: "Aber 4500 Euro an den Ohren".
Der Wert von d a m a l s.


Rubrik: Ulmenjahr

Dienstag, 4. Oktober 2005

Schnecken


Jolanda besaß zwei Pfeifen. Eine hölzerne, das war ihre, wie sie sagte, öffentliche Pfeife und eine aus Elfenbein, oben geschwärzt und am Bauch speckig geschmirgelt von unzähligen Griffen. Die Merowinger nannte sie diese Pfeife und rauchte sie nur zu bestimmten Gelegenheiten. Obwohl ein bestimmter Rhythmus im Wechsel der Pfeifen vermutet wurde kam niemand dahinter, wonach es sich richtete, dass Jolanda heute die aus seltenem Elfenbein rauchte und an anderen Tagen nicht. Es war auch so ungewöhnlich genug, eine Frau die Pfeife rauchte. Vielleicht gab es auch gar keinen Grund außer einer herzlichen Intimität, die Jolanda mit dem alten Stück verband, so dass sie an ruhigen oder einsamen Abenden lieber daraus rauchte, wenn sie in besinnlicher Stimmung und still war.

Heute aber verengten sich ihre Augen zu zornigen Schlitzen, stumpfe schwarze Kohlen vor einer auflodernden Glut. Sie beugte sich nach vorn, die Pfeife vor sich haltend wie ein Messer:
"Was redest Du da für einen Unsinn?"

"Jolanda, das ist kein Unsinn. Hör mir doch mal zu. Das ist ein reines, ein unbeflecktes Gefühl und ich empfinde das genau so!" erwiderte Ysaj, erschrocken über die Heftigkeit der älteren Frau.
"Ach ja?" Jolandas Gesicht kam noch näher, ein verächtlicher Zug spielte um ihre Mundwinkel und nistete sich dort ein, wurde hineingepresst von Jolandas Zischen: "Ich bleibe dabei, dass es Unsinn ist. Verklärter Unsinn außerdem!"

Ysaj spürte den Zorn an der Nasenwurzel, bohrend. Nüstern. Aufkeimende Tränen. Sie öffnete den Mund zu einer vernichtenden Antwort und schloß ihn sofort wieder. Sie haßte es, wenn Jolanda so war. So alt. So allwissend. So erhaben über alles, verdammt, über alles. Heute war es besonders schlimm. Es war ihr so wichtig gewesen und jetzt d a s; trotzig schwieg sie und starrte dem Qualm zur Decke nach, zündete noch eine Zigarette an und dann noch eine, brennende Stille: Jolanda und ihre Brandzeichen: das schürte ihre Wut, ihren Widerstand, ihre Ohnmacht. "Was Du brauchst ist nicht Nikotin sondern weniger Schrullen in Deinem jungen Kopf", kam es aus dem großen Sessel. Ysaj sprang auf, drückte die Zigarette aus, griff nach ihrer Jacke, den Kopf geduckt wie ein wütender Widder.
Ungerührt setzte Jolanda nach: "Du liebst ihn also so sehr, dass Du sterben könntest für ihn? Das willst Du mir sagen?". Sie war aufgestanden; ihre gemütliche Rundlichkeit war plötzlich wie weggewischt als sie neben Ysaj glitt: "Willst Du mir das sagen?!"
"Ja, genau das will ich damit sagen", kläffte Ysaj zurück. "Und wenn Du nicht so anmaßend wärest würdest Du es verstehen!"

Schallendes Lachen. Es zerrte an Ysajs Zorn und riß genauso abrupt ab, wie es eingesetzt hatte. "Tatsächlich?" Zweimal schlug der Pfeifenkopf gegen den Rand des Aschenbechers bis die Glut hinausfiel. Langsam, sehr langsam stopfte Jolanda die Pfeife, legte sie beiseite unter die Tischlampe am Fenster. "Nun"? Ysaj schwieg.
"Ich will Dir mal sagen, was anmaßend ist, Grünschnabel. Zu sterben, das ist anmaßend! Außerdem: Was hätte irgendwer davon, wenn Du stirbst? Für Dich wäre es vorbei, den Schmerz würden die Menschen tragen, die Dich lieben. Hab den Mut, alt zu werden, Holzkopf!".
"Soll ich ihm etwa das sagen? Dass ich alt werden will? D a s ist Unsinn!"
"Ach, Du willst also wissen, was Du ihm sagen sollst?! Das ist es? Komm mit!"
Sie packte die junge Frau am Ärmel und zog sie mit einer Kraft zur Tür, die ihr Alter vollkommen vergessen ließ. Auf der Veranda drückte sie Ysaj auf die Bank, "warte hier!", und stieg die drei Stufen hinunter in den Regen. Nach einigen Minuten kehrte sie zurück, eine große Schnecke zwischen Daumen und Zeigefinger der rechten Hand, setzte das beige-braun gemusterte Schneckenhaus mit einer sanften Bewegung auf das Geländer und wartete kurz. Dann, die Schnecke wagte sich grade vorsichtig wieder hervor und streckte sich auf dem nassen Holz , sagte sie:

"Bis die Schnecke am Ende der Brüstung angekommen ist, schreibst Du, was Du ihm wirklich sagen willst. In e i n e m Satz, Buchstabe für Buchstabe, keinen Roman! Und ich meine: Du schreibst so lange, bis sie dort ist. Danach kannst Du zum Tee reinkommen wenn Du willst!"
Mit einem Knall fiel die Tür hinter Jolanda ins Schloß. Ysaj starrte auf die Schnecke, die langsam, unendlich langsam ihre Spur zog. Als sie dann in die Jackentasche griff, rutschte das kleine Notizbuch fast augenblicklich in ihre Hand. Minutenlang aber suchte sie den Bleistift, bis sie ihn in der Hosentasche fand. Die Schnecke schien derweil gar nicht vom Fleck gekommen zu sein. Was sollte das? Ob Jolanda senil wurde? Oder war das nur wieder eine ihrer Schrullen, die im Alter schlimmer wurden? Ein hartes Klopfen gegen das Fenster schreckte sie auf. "Fang an! Das Tier hat nicht ewig Zeit! Einen Satz!" kam es aus dem Haus.
Verstohlen blickte Ysaj über die Schulter, durch das Fenster; die Lampe warf Jolandas Schatten ins Blickfeld und Ysaj hätte schwören können, dass die alte Pfeife eine Schlange war. Oder eine Zunge, Jolandas Zunge, die trotzdem eine Schlange war.



Rubrik Ulmenjahr

Freitag, 30. September 2005

Kontroverse Relativität.


"Unsere Atemzüge sind längst gezählt. Um sie allein feilschen wir".


[Jolanda in Ulmenjahr]


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