Dienstag, 25. Oktober 2005

Der Serbe.

Jeden Tag sitzt er in seiner Trinkhalle
vertreibt sich die lange Zeit mit Fernsehen
Gesprächen mit Kunden
stellt mir die Cola light schon in die Durchreiche
wenn ich das erste Mal passiere
auf dem Weg zum Supermarkt.
Seine Augen sind so wach
nicht die abgestumpften Augen des
türkischen Dönerverkäufers
oder seiner Landsleute im Handyshop,
die Monotonie des Alltags reflektierend.
Das Leben tanzt in seinen Augen
auf den zwei Quadratmetern des Ladenraumes,
mit einem Lachen, das dort aufflammt
und erst dann den Mund erreicht
breit und klaren Antlitzes, aus gradem Rücken
herausgeatmet, aus offenen Armen,
das Nomadenblut des Mutigen
im Blau der Iris unter slawonischen Himmeln.
Wir betonen unsere Sprachen von Anfang an,
ich das Kaj-Kroatische, er das Serbische:
Betonen sie beim Gruß, rollen die Worte
in die Abgründe zwischen unseren Völkern,
stapeln die Andersartigkeiten spielerisch
in die Konsonanten, ich dehne die Vokale
aj, aj, aj
grinse immer öfter innerlich:
wie sie doch die Kluft auf:füllen
diese Buchstaben
diese Zungen.
Die Antwort blitzt aus seinen Augen,
hier, in der Fremde
über die Cola und die Euro hinweg:
Frieden
.


Rubrik: Schmetterlingsclan


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