Stigmata

Montag, 29. Mai 2006

Der Sohn der Witwe II

Hätte Lazarus es gehört, er hätte geschwiegen.
Buddha hätte im Kelch das Gift erkannt und gelächelt.
Der Stolz wäre darüber hinweggegangen wie ein Feuer.
Jolandas Mund, voll mit Erde, sagt:
Je härter die Herzen, desto weicher die Birnen.
Gib ihnen Wasser oder vergiß sie!



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Lachesis II

Die Adria duftet zögerlich am Morgen.
Unten, an den ins Wasser herabsteigenden Stufen,
bricht sich sanfte Welle und ein Körper,
Antlitz gen Tiefe.
Erst als ich ihn beatme, schmecke ich
durch ein Geflecht aus Haar und Seegras
Adria. Erkenne den Bogen der
Augenbraue. Meine.



Stigmata

Dienstag, 18. April 2006

Resümee II

Nein, ich bedaure nichts. Ich bedaure nur, geboren zu sein.
Sterben ist eine so lange, eine so mühselige Angelegenheit.

[Samuel Beckett]

Stigmata

Samstag, 25. März 2006

erneut

wie ich es hasse, vom Kurs abgebracht zu werden
wie ich es liebe, vom Sturm zerrissen zu sein


Stigmata

Montag, 6. März 2006

Mensch sei dein Name (VII)

"(...)Sie bringen das auch in Ihren Texten auf den Punkt. Verzeihen Sie mir, wenn ich das mit diesen Worten ausdrücke: einige (wenige) Ihrer Texte offenbaren das in einer Art, dass eine verstörende Nacktheit zum Ausdruck kommt. Als gäbe es, wenn auch alles Fleisch und selbst die Knochen einem Körper entrissen würden, immer noch einen nackten, zuckenden Muskel, der da feucht und glänzend läge und nicht aufhörte zu leben (...)".

"Liebe Terezia,
wissen Sie, mit Ihrer Beschreibung des (Über)Lebenswillens haben Sie ein weiteres Bild geschaffen für das, was ich in diesen Texten als "Balkanblut" bezeichne. Ein eruptives, unbeugsames Reststück blanken Willens, das sich nicht vor dem Tode beugt, weil es nie lebte. Darin liegt glaube ich das Verzweifelte und auch Titanische dieser Kraft: Sie ist ursprünglich weil ungeboren. Wie könnte man auch sterben, wenn man noch gar nicht gelebt hat? Tod bedeutet die (vielleicht vorübergehende, aber dennoch:) Auslöschung einer Existenz, auch die Auslöschung einer Identität. Wenn diese nicht gegeben sind, nicht als gegeben empfunden werden, so ist der Tod unmöglich. Und wird vielleicht auch zu einer Sehnsucht, einem Tabu, zu etwas nahezu Verbotenem - und zu einem Freund. Eine intensive Allianz wider die Qual, nicht lebendig zu sein, nicht am roten Pulsieren Teil zu haben; wider die Qual des Attrappenempfindens, des Untoten im eigenen Leib. Vom Tode nicht berührbar sucht es die Allianz mit dem Tod, die unverbrüchliche Ehe mit der Ewigkeit, die jenseits seiner erlösenden Hand harrte, könnte man denn sterben. Der Tod bringt somit ins Leben. Das Stigma des Uranus. Das Stigma des Neptun. Das Stigma des Saturn zuletzt. Eine fortschreitende Selbstvernichtung mit dem Ziel, am Leben teilzuhaben. Es mag die Persönlichkeit stärken, im Grunde aber ist es nicht Stärke, es ist Unmöglichkeit zum Tode und somit in sich Verzweiflung jenseits der Bedeutung aller Worte. Bemühen wir die Worte, endet es bei einem Wortspiel von "Kein Mensch kann Gott sehen und leben" zu "Kein Mensch kann Gott sein und sterben". Das ist die tragende Welle in Ulmenjahr. (...)"


[Aus einer Korrespondenz]


Ulmenjahr

Mittwoch, 22. Februar 2006

Kleiner Freund



81

... ich vermisse dich ...

Sonntag, 12. Februar 2006

Neujahr, meins.

Und was ich finde von Euren kleinen Wünschen gen Himmel. Oder in den leeren Suppentellern. Oder sonst wo an den Ecken, an denen Ihr Euren Schatten stehen lasst wie niemals verabredet. Und in den Strassenbahnen, wohin Ihr ihn legt bevor Ihr in eine Lüge heimkehrt mit einem, der ebenfalls lügt.
Dort lebe ich, dort habe ich Geburtstag, jedes Jahr.


Stigmata

Mittwoch, 1. Februar 2006

Kassandra

Es war das Gedicht, das aufmerkte. Hinter den Worten,
den Berührungen staute sich das Ungesagte, davor ein Damm
aus Nebel und Angst. Ich fragte ihn. Sechsmal fragte ich,
dann legte ich ihm die Vorgabe hin. Er hätte nur nicken
brauchen. Meine Nächte waren fremd zu jener Zeit. Etwas
schlich in meinen Träumen herum und trat beim Aufwachen
als Träne aus, schmolz zu bitterem Salz auf der Oberlippe.
Er nickte nicht. Legte zur ungeborenen Wahrheit die Lüge
der Verführung, gleich neben dem Schweigen fand sie Platz.
Vergiftete mir die Silben. Nahm mir den Körper.
Im Traum, zusammengekauert auf der Fensterbank,
griff das Gedicht zur Muttersprache, Elegie joj joj joj,
und legte mir das Verborgene mitten in den Blick,
auf die Zunge. Da sah ich es, überdeutlich, dornenschwer.
Herz voran, kopfüber stürzte ich und fiel.


Stigmata

Samstag, 21. Januar 2006

...



Wie unerfahren Worte doch sind # Sie zerschellen noch vor ihrem Klang # an der Stille # so lieblich ist das schlafende Gedicht # solange es noch # am Grunde meiner # harrt und träumt # von Zukünften # die Tastatur nicht ernst nimmt # noch die Nacht # das Papier verlacht # auf der Suche # nach einem unvollkommenen Herzen # dem es Siegel geben # und wässern kann in Rot # schweigend sich betten # in ausgeatmete Sekunden # die nie in Zeit geschritten



Stigmata


0011

Dienstag, 13. Dezember 2005

Indra

Inmitten des Sturmes
hauchte mir der Wind einen Kuss ein
salzig, berauschend, kündend
von einer Wiege aus inneren
Kinderstuben, raunte von vergessenen Orten
die ich herumtrage mit mir.
Der Strum hob mich auf
legte mich in sein stilles Auge
und ließ mich ruhen, eine Weile nur,
bevor er mich hinausschleuderte
in die Welt, auf den Boden der Dinge,
die ich Tatsachen nannte.
Die Erde raunte und das Wasser raunte
und ich raunte mit ihnen diese eine Liebe,
die mich treibt, zu tun
und zu lassen und zu kämpfen
und zu lächeln; die mich treibt,
zu denken und zu atmen,
zu schreiben und nicht
aufzuhören - und zu weinen.

Da lachte ich. Mitten im Aufprall.
Lachte laut.
Und nicht der Wind fiel in mein
Gelächter ein, nein.
Ich fiel in seines.


[Inspiriert via guanako.
Foto: Screenshot aus dem kroatischen Kurzfilm "Bura"(2004/2005), Regie: Petra Ključarić ]


Stigmata
BURA


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