Sonntag, 26. März 2006

Miroslav Kirin :: Der Berührung Leser


DER BERÜHRUNG LESER wurde gefeuert.
Tatsächlich vergaß er seine eigene Sprache.

Denn da, wo es um Berührung ging,
windet sich jetzt unbarmherziger Druck,

python-artig, gleitet durch die Bettwäsche
und spricht stammelnd, würgt statt zu kosen.

Und des Körpers Sprecher wurde ebenfalls gefeuert.
Eigentlich hatte er nie wirklich einen Job.

Denn dort, wo es um den Körper ging,
flossen die Worte über,

kosend, statt zu würgen,
sprechend, statt zu berühren.



Kirin
Miroslav Kirin, geboren 1965 in Sisak, einer Industriestadt 70 km südöstlich von Zagreb, studierte Englisch und Literaturwissenschaft in Zagteb. Träger des Goran Preises für junge Autoren 1989; 2001 Literaturpreis der renomiertenTageszeitung Jutarnji List für seine autobiografische Prosa Album (Das Album). Auszüge aus dem Buch wurden im US-amerikanischen Journal Gowanus veröffentlicht. Kirin, dessen Lyrik für mich zu den ausdrücksstärksten Texten moderner kroatischer Literatur gehört, lebt in Zagreb. Er unterrichtet Englisch und ist angesehener Übersetzer zeitgenössischer Amerikanischer Literatur.


ČITAČ JE DODIRA ostao bez posla.
Zapravo, zaboravio je vlastiti jezik.

Jer tamo gdje se radilo o dodiru
sada se izvija nemilosrdni stisak,

poput onoga od udava, gmizi posteljom
i šušlja govoreći, daveći umjesto milujući.

I govornik je tijela ostao bez posla.
Zapravo, nikad ni nije bio zaposlen.

Jer tamo gdje se radilo o tijelu
bujale su riječi,

milujući umjesto da dave,
govoreći umjesto dodirujući.


Übersetzungen

Verhandlungen mit Romanfiguren VII

In Dubrovnik, der Perle, wars, da fühlten wir uns plötzlich heimisch. Dem Land das erste Mal zugehörig mit unseren Medusenwurzeln, die auf den Wellen reigen. Ich trank den Schatten Ragusas aus deiner Hand und dort, in der Mulde deines Handtellers, war meine Geschichte, gleich neben dem bleichen Versprechen einer goldenen Zukunft an weißen Küsten. Hier warst du an Land gekommen, hier wurde ich von den Wellen auf die Felsen gelegt und streifte Salz und Nixenwünsche ab, kroch unter die Zypressen und staunte die Beine an, dieses geteilte Geschenk der Erde, gänzlich von glatter Seele bedeckt, die beschlossen hatte, von jetzt an Haut zu sein; ein Fremdes, Schaumbeborenes in Gaias Reich.

Damals warst du noch nicht sprachlos. "Zehen", lachtest du, "schau nur, ich habe Zehen!" Dem blauen Schoss entkrochen wir, um niemals geboren zu werden, denn wir, wir waren die See. Warum wir in die Arme der Zeit flohen, weißt du es noch? Ich kann mich nicht entsinnen. Schnelle Schiffe mit roten Segeln fuhren uns entgegen aus einer achäischen Vergangenheit, die uns noch Zukunft war. Heute warte ich auf die Beltanefeuer, um dir zu sagen: Es war die Zeit, die uns verriet, uns ohne Geburtsrecht ließ, eingesponnen in den Fäden ihrer linearen Welt. Warte auf die Beltanefeuer, dich zu erinnern an die Ulmen.

. . .


yuleilei1


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