Die Wahrheit und das Wahre X

Der Himmel hängt tiefer hier auf dem Lande. Vielleicht ist er mir darum weiter, weil er sich an das Land schmiegt, somit näher scheint. Während meine Schuhe beim Spaziergang die letzten Sonnenstrahlen einfangen denke ich darüber nach, warum wir dieser Leidenschaft so schnell anheimfallen, alles personifizieren zu müssen. Macht es die Einsamkeit erträglicher, die ein ständiger Begleiter des Menschen ist? Wenn wir sagen, der Himmel ist hier näher, fühlen wir uns dann weniger entblößt, weniger anheimgegeben seiner Urgewalt? Wenn ich sage, der Himmel ist hier weiter, gibt mir dieses Bild eine laute Hoffnung auf mehr Möglichkeiten? Nur weil mein Städterauge mehr vom Azur erhascht?
Ich weiß, dass die Sonne nicht auf- und nicht untergeht. Ich weiß, dass die Rotation der Erde diese Ilusion hervorruft. Trotzdem geht mir die Sonne auf und sie geht mir unter, dann gibt es Tage, da brauche ich diese Bewegung, den Aufstieg der Sonne zum Zenit und ihren Abschied am Abend.. Damit ich mir ein Bild flackern kann, vergänglich, nur im Gedicht beheimatet, das besagt, meine Schritte würden ihre Strahlen unter meinen Schuhen einfangen. Dabei weiß ich, es geht um Vitamin D. Um körperliche Notwendigkeiten, eine Art dunkler Nemesis, die Welten schafft, auf dass sie uns angenehmer wird. Dem Auge aber ist nach Azur und nach Aurora und nach dem Farbenspiel, das Ehrfurcht gebiert. Uns Raum öffnet. Oder einfach hinzudichtet, auch wenn da kein Raum ist. Ich weiß, dass die Galaxie unermeßlich groß ist und, gemessen am Universum, unendlich klein. Und doch greife ich nach den Sternen und lege sie meinen Liebsten auf die Kissen, damit ihnen der Schlaf erzählt vom Anschmiegen des Himmels an die Erde. Hier, auf dem Lande.
parallalie - 13. Feb, 18:48

in der stadt
da weißt du nicht
wie der mond aussieht
da weißt du nicht
wie der himmel
sich breitet
in der stadt
da ist der mond
nur ein weiteres licht
im gelichter

(ich hatte ähnliche probleme mit dem land, alles war kulisse, nichts war wirklich, nur die worte darÜBER vermochten nähe herzustellen, als wollten sie als decke uns einander anwärmen : nähe ist kein geographischer begriff)

TheSource - 13. Feb, 20:04

Ich mag es gar nicht

Problem nennen, denn da ist keines. Tatsächlich bevorzuge ich das Land. Am Liebsten sind mir dünn besiedelte Küstengegenden. Denn dort ist das Wirkliche wirklicher, wenn Sie so mögen - für mich. Die Städte verändern ihr Antlitz schneller, anorganischer, sie verschlucken den Vogelgesang und den Atem des Windes in den Bäumen. Aber Sie haben den Kern sehr präzise herausgeschält: Nähe ist kein geographischer Begriff. Danke.

Es mag sein, dass das Meer fehlt. Dort ist Weite ebenfalls eine organische Angelegenheit, beim Himmel ist sie abstrakter. Und damit für uns manipulierbarer.

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