Vor zehn Jahren hätte sie gesagt: Die Leidenschaft, die Hitze, das Begehren; die Art, in der meine Knie weich werden, wenn er mich ansieht.
Heute denkt sie es nur. Und sagt, vollkommen erstaunt, als hörte sie sich selbst das erste Mal seit langen Jahren sprechen: Diese Gewißhet, die du hast; dass die Sonne morgen aufgehen wird.


<sub>[Ursprünglich war der erste Satz wie folgt: "Diese Gewißheit, die du hast; dass die Sonne aufgehen wird: In seinen Augen". Aber der Text lässt dies an der Stelle nicht zu. --- Der Sonnenaufgang in den Augen des Geliebten: Gesehen werden, wie mensch i s t. Vollkommen wahrhaftig]

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Aber ich will dich verbergen in einer Maske aus Trauer,
auf dass die, die dich sehen, fürchten, du seist gefallen.
Ich aber erhebe dich.


[Liber AL vel Legis]

finden sich >>>hier

Wir sind kommunizierende Gefäße

Wir sind kommunizierende Gefäße.
Unablässig trinke ich jemandes Bitternis.
Mitten im Tanz lache ich auf
die Hände in Eisen.

Wessen Treubruch koste ich gerade?
Mit welchem Haß ringe ich, welche Rache?
Süße Worte von fremdem Gaumen
verletzen mir die Lippen.

Wir sind kommunizierende Gefäße.
Und mein ganzer Trost ist, daß so viele
in ihrem Leid das stille Feuer
meiner Freude tragen, daß ich bin.

Manchmal ersticken sie entsetzt im Sturm
der auflodert aus meiner Wut.

Ich koste den Mund eines unbekannten Mädchens.
Doch auch meine Umarmung durchreist
wie ein goldenes Siegel
die betrübten Betten der Welt.


<sub>[Aus: "Stille Scheiterhaufen - Gedichte", Slavko Mihalic]


Rubrik: Schmetterlingsclan</sub>

You cannot manipulate a marionette with only one string.

<sub>[Ered Androth - VK im SMC]


Rubrik: Schmetterlingsclan</sub>

Im Verlorenen geborgen
spritzt es wie Milch
aus den Brustwarzen der Sterne.
Oh ja, aus den Brustwarzen der Sterne.


_{Rubrik: Schmetterlingsclan}

Und könnte ich den Blick von Deinen Augenbrauen trinken
den Nektar der Sehnsucht
in dessen Tiefe der Sturm mit den Sternen tanzt.



_{Rubrik: Schmetterlingsclan}

Den Kopf in den Wolken und die Füße
fest in der Erde selbst
bau´ ich Dir Luftschlösser aus Granit.

_{Rubrik: Schmetterlingsclan}

Die Thronerhebung des Herzens

Schlage dein Herz auf, Bruder:
Das Buch der Morgenröte, Bruder
der neuen Zeit, Bruder
den Mantel der Furcht, Bruder
das Auge der Erkenntnis, Bruder!

Dein Herz sieht Erleuchtung
durch deine mordgesegneten Hände:
Blasse jammervolle wetzen sie vergebens
den Schorf der Schande vom entweihten Leib.
Heilig! heilig! heilig!
Unaussprechliches, deine Schneeschwingen
deinen Himmelsatem
deine todrasselnde Brust -
Menschheit!

[Karl Otten]

Fand dies beim erneuten "Wühlen in den alten Expressionisten".

_{Rubrik: Schmetterlingsclan}

manchmal schläft ein gedicht bei mir

manchmal schläft ein gedicht bei mir ein, direkt

neben meinem kopfkissen legt es sich nieder und nach einer zeit

beginnt es regelmäßig zu atmen.

es möchte keine gute-nacht-geschichten

vor dem einschlafen hören. es ist still und unaufdringlich.

wenn ich morgens aufwache, ist es

meist schon auf den beinen, hat sich längst die zähne geputzt

und bereitet in der küche ein großes frühstück

mit spiegeleiern und milchkaffee zu.


(Daniel Klaus)

<sub>[ Daniel Klaus:

*10.September 1972 in Wiesbaden/Hessen, lebt und arbeitet in Berlin

Stationen u.a.: 1992-2001 Studium der Ev. Theologie in Mainz und Berlin, 1999/2000 Auslandsaufenthalt in Paris. Lebt als freier Autor und Abendsekretär in Berlin.

Arbeitsgebiete: Gedicht, Erzählung, Roman

Auszeichnungen/Ehrungen/Preise (Auswahl): Walter-Serner-Preis (2000). 2. Platz beim UNISCENE-Kurzgeschichten-Wettbewerb (2002). Döblin-Stipendium der Berliner Akademie der Künste (2003). Förderpreis zum Literaturpreis Ruhrgebiet (2003). ]

Rubrik: Schmetterlingsclan</sub>