Mittwoch, 4. Januar 2006

Salamander.

Ysaj sah ihn. Er war nur aus den Augenwinkeln zu erkennen, sobald man dirket hinschaute, erfasste das Auge nur Steine, die verwilderte Hecke und den weichen Schatten der Zedern und Zypressen. Aber Ysaj sah ihn. Er war groß, ungewöhnlich groß für diesen Ort am Meer, so groß hätte sie ihn in der Wüste erwartet oder an Orten, die von der Sonne versengt. Sie rutschte tiefer in ihre Hängematte und versuchte, auf ihr Buch zu blicken, während sie ihn im Augenwinkel beobachtete, versuchte unbeteiligt und belanglos zu wirken, ganz so, als würde sie gleich über ihrer Lektüre eindösen.
Er blieb stehen und wandte dann ruckartig den Kopf, ragte in Manneshöhe über den Büschen auf, sie sah die farbige Zeichnung seiner reptilienartigen Haut, die roten, gewundenen Widderhörner, die im Nacken zusammeliefen und nahezu in der gewaltigen Wirbelsäule verschwanden, seine schwarzen Nüstern, die gelben Augen. In der Mittagshitze flirrte sein Atem, der über die Hecke stub, als er sie fixierte. Sie hangelte sich an den Buchstaben entlang, bemüht, nicht den Kopf zu wenden und fast wäre sie dabei tatsächlich eingeschlafen, die Siesta-Müdigkeit kam schlagartig über sie und sie fühlte sich träge und faul, bis ihr klar wurde, dass er es war. Er wollte sicher gehen, wollte sie in den Schlaf hinüberschicken, sie in das Organza eines Traumes hüllen, damit sie diesen Augenblick vergaß, ihn später für einen Traum hielt.
"Ash", flüsterte sie und hob die Lider über den Buchrand, blickte stur gradeaus, gerade so, dass sie die Gestalt noch im Augenwinkel wahrnehmen konnte. Ein kurzes, intensives Zischen, dann glitt er davon, die erleichterte Hecke hinter sich lassend.

"Sie können es nicht leiden, wenn man sie sieht", meinte Jolanda am Abend.
"Warum nicht?" wollte sie wissen.
"Weil man den Menschen nicht mehr trauen kann. Es ist besser, Du erzählst niemandem davon. Es glaubt Dir sowieso keiner. Feuergeister am hellichten Tag und so. Du weißt schon".
"Was macht er hier, Jolanda?"
"Na was wohl?"
"Er wirkte ... wütend".
"Vielleicht verschafft sich wieder jemand Bauland auf die illegale Art", Jolanda zuckte die Schultern.

Am Abend brannte der Wald, einer der häufigen Sommerbrände. Niemand kam zu Schaden, nur einige Häuser am oberen Hügel wurden vorsichtshalber geräumt. Falls der Wind drehen würde.


Ulmenjahr

Taktische Züge

Er: das war ja immer schon so wenn der autor frueh starb wurde er gelesen. oder anderweitig mit etwas schwerem behaftet. posthum lobt man hoch. schnitzer werden da verziehen die einem lebebenden autor die karriere kosten.

Sie: Vielleicht, weil die Toten nicht widersprechen können. Es ist auch eine Art Vereinnahmung der Person des Schriftstellers. Er kann nicht mehr sagen, dass xyz Unsinn schreiben, wenn sie ihn dieser- oder jenerart interpretieren oder dass die Schilderungen seiner angeblichen Intentionen zu Text z blanker Humbug sind. Er wird in gewisser Weise Allgemeingut, eines jeden Freund zudem.

Er: ja und drum ist es legitim. wie es sich verhaelt wenn der ballon platzt ist ungewiss

Sie: Dann ist man das enfant terrible, da man die Mechanismen entblößt hat.

Er: ich sehe es aber als legitim an. ausserdem ists witzig und fuehrt nur vor was sowieso alle wissen

Frage an die geneigten LeserInnen:
Ist es legitim, als Künstler seinen eigenen Tod vorzutäuschen?


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