Forever young

("Novelle" von TheSource)

findet sich im Zusammenhang >>> hier


La Mutantia

Novelle


Es begab sich zu Dortmund, Westdeutschland, Mitte der 90er Jahre, dass TheSource, in der Absicht, einen Tomatensalat als Dinerbeilage zu zaubern, wieder einmal, wie gewöhnlich, ich meine, das passierte ihr ständig, da sie die unselige Angewohnheit hatte, hungrig einkaufen zu gehen, nach Vollendung des erwähnten Salates noch eine Menge Tomaten in der Küche herumliegen hatte (Auf die psychologischen Auswirkungen dieser Einkaufsmacke wird an anderer Stelle eingegangen - oder auch nicht. Verlassen Sie sich also nicht darauf).
Das Diner war ein Abschiedsessen mit ihrer Freundin, denn TheSource beabsichtigte, ganze sechs Wochen - wenn irgend möglich, auch länger - Urlaub an der Adriaküste zu machen. Die übriggebliebenen Tomaten wurden kurzerhand am übernächsten Tag, dies war ein Sonntag, zur restliche Wegzehrung für die lange Autofahrt eingepackt und auf dem Weg nach Kroatien von der kleinen Reisegesellschaft verspeist.
Hier sollte die Geschichte, wie es sich für Tomaten gehört, eigentlich enden.

Die Tomaten des betreffenden Abends, also gemeint sind spezifisch jene Tomaten, die überschüssig für den abendlichen Salat gekauft wurden, verhielten sich auch erst wie ganz normale Tomaten: Sie wurden schlichtweg vergessen und waren nicht Gegenstand irgendeines Interesses; außerdem wurden sie an der Adriaküste bei Weitem durch die heimischen Sorten an Geschmack übertroffen. Nichts gegen Edeka. Aber gegen eine Flaschentomate aus dem Garten können die nun wirklich nicht anstinken.

Nach fast siebenwöchigem Aufenthalt kehrte TheSource aus dem ausgedehnten Urlaub zurück; entspannt, erholt und mit der ganzen Tomatenwelt in ihrer mediterranen Vielfalt mehr als zufrieden. Die Pflanzen waren gut versorgt worden, der Katze ging es prima, alles war bestens. Ende gut. Alles gut? Mitnichten. In der Küche, im Gemüsekorb, lag eine einzelne, rote Tomate. Amüsiert wurde die Person geneckt, welche Katze und Blumen versorgt hatte, mit einer ansetzenden Laudatio auf das stärkende Mahl, bestehend aus einer Tomate, welches sie gedachte, den Erschöpften nach einer langen Reise aufzutischen. Die Erwiderung jedoch war verblüffend:
"Quatsch. Wir gehen gleich Essen. Das Ding liegt schon seit Deiner Abreise da. Ich wollte sie nicht wegwerfen, so lange sie nicht verdorben ist, nur... sie verdirbt nicht".

Großes, allseitiges Staunen. Die Mutantentomate, augenscheinlich Überwinderin der Sterblichkeit, wurde von allen Seiten und allen Anwesenden penibel begutachtet und akribisch untersucht. Sie war vollkommen glatt, fest und roch nach.. nichts. Also ich meine nicht das Nichts, das so häufig Gegenstand literarischer Erörterungen ist. Madame Tomate war schlicht vollkommen geruchlos. Unser Mißtrauen war geweckt und wir beschlossen, die soeben gehörte Behauptung als Scherz aufzufassen, jedoch war die Tatsache, dass mit dieser Tomate irgendetwas nicht in Ordnung war, in den kommenden Tagen und Wochen nicht mehr zu verdrängen.

Wir waren im September aus dem Urlaub zurückgekommen. Ende Oktober lag die Tomate - äußerlich vollkommen unverändert - immer noch im Gemüsekörbchen rot, glatt - und geruchlos. Die Gesellschaft von anderem Obst und Gemüse musste sie entbehren, andersartig, wie sie war. Ende November hatte sich immer noch nichts getan. Auch den Dezember überstand die Tomate unbeschadet, wenngleich zwei Personen daran gehindert werden mussten, sie zu essen, da die Tomate für eine frische gehalten wurde. Es wurden schon Spekulationen angestellt, ob mit dieser Mutantin nicht ein Vermögen zu verdienen sei, käme man hinter die Vorgänge und könnte dieses Wissen für Antifaltencremes verwenden (Es ist NICHT erwiesen, dass Dior, Lancôme und Konsorten das nicht seit Jahren machen).

Die Sache war unheimlich. Tomate - Körbchen - Monate - fault nicht.
Zu meinem Geburtstag im Januar wurde die Mutantin dann entsorgt - sie bekam ein weiches Serviettenbett in der Mülltonne, obwohl sie immer noch frisch und knackig aussah. Neben ihrem abnormen Verhalten war dies nämlich der letzte Tropfen im Faß: Ich wurde ein Jahr älter, und die Tomate war immer noch knackig!
Darum mein Rat an Sie, Titania: Versuchen Sie es gar nicht erst mit Tomaten. Am Ende sehen Sie nur nie enden wollendes Rot.



[Aus den Annalen der >>> Chronik des laufenden Wahnsinns]
ka-rot - 7. Jun, 16:47

:-) lustig / nachdenklich

ich freue mich auf die Tomaten, in meinem Garten und werde bis dahin beim Einkaufen an deine Novelle denken.

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