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Er bereute jedes einzelne Wort. Bereute seine Arroganz, die unbekümmerte Provokation, die er an diesem feuchtfröhlichen Abend neben die Weinflasche gestellt hatte, mitten auf den Tisch, und im Laufe der Nacht krochen seine Worte in die Gläser, wurden ungeschmeckt getrunken. Acht Tage waren vergangen, seit der Zwerg wortlos verschwunden war und es zeigte sich, dass er ihm jeden Funken Angst aus dem Körper gesogen hatte. Er sollte froh sein, euphorisch, ja: erlöst, war es aber nicht. Das anfängliche Gefühl der Erleichterung, das ihn in den ersten zwei, drei Tagen zu so viel Hochmut hinriß, seine Worte wie edlen Wein auf dem Tisch zu platzieren, war einer dumpfen Frustration gewichen. Seit acht Tagen hatte er keinen Satz zu Papier gebracht. Jedes Sprachgefühl war verschwunden, auf eine Weise, die keine Erinnerungen barg, ganz so, als hätte es nie existiert. Vier, fünf Zeilen, die er sich mit Mühe abgerungen hatte, wurden per email vom Lektor kommentiert: Bist Du betrunken? Er las sie, als läse er eine fremde Feder, eine schrecklich ungelenke, phantasielose. Keine Sätze, nur Kauderwelsch.
Annas Anruf kam mitten in der Nacht. "Ich weiß, was Du getan hast".
Stumm hörte er zu, antwortete nur einsilbig, mechanisch mir dem Kopf nickend, auf ihre wiederholten Fragen, bist Du noch da, hörst Du mir überhaupt zu. Ihre Stimme steigerte sich in ein verzweifeltes Creszendo. Er habe ihr die Worte gestohlen. Jedem, der an diesem Abend an seinem Tisch gesessen hatte, habe er die Worte gestohlen. Ein Dieb sei er. Ein Vampir. Sie schluchzte. Er solle die Worte zurückgeben. Betreten schwieg er und nachdem sie ihn mit weiteren Vorwürfen zu keiner Antwort bewegen konnte, legte sie zornig auf. Mit dem Bleistift in der Hand blieb er sitzen. Die neunte Nacht zog sprachlos vorbei und so auch die folgenden Nächte. Er hatte keine Angst mehr, er hatte keine Worte mehr.
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