Verhandlungen mit Romanfiguren X
Wir sitzen auf der sonnengegerbten Veranda, ich wollte nicht schon wieder unmittelbar bei einem Gewässer sein und Jolanda stimmte, schulterzuckend, zu. So viel Violett in diesem Abend, ein das Indigo bedrängendes Purpur, vom verlassenen Strand unten über den ganzen Westhorizont gespannt. Im Rücken, köstlich herb, der Duft von gegrilltem Fisch mit Knoblauch.
"Komm von der Brüstung weg und hilf mir".
Das Messer gleitet durch die Zitronen, ich beobachte meine Hände, so als wären es die Hände einer Anderen. Wieder bin ich hier, an der kargen, wilden Küste. Alles wiederholt sich ohne mein Zutun, gleitet an mir ab, ich kann nicht Fuß fassen und kann nicht gehen. Oh ja, einfach davongehen. Unmöglich.
Sie verteilt Teller und Bestecke auf dem Tisch, vier Gedecke. Beim unmittelbaren Einsetzen der Zikaden, deren Klang den Traum in die Wirklichkeit holt, könnte ich heulen. Nicht nur weinen und diese Spannung im Gaumen lösen, sondern heulen wie ein Hund oder ein Wolf, ein wildes Tier im Augenblick plötzlichen Schmerzes. Diesen Laut festhalten. Der Wunsch schwillt an und mit ihm der Wille, den Widerhall meines Heulens von den Klippen zu hören, geworfen über die ganze Küste. Bis es wieder bei mir ankommt, verstärkt vom hungrigen Jagen unter dem Violett. Sie aber legt mir stummen Fisch auf den Teller und deutet auf die beiden leeren Gedecke: "Wir essen heute allein, Du und Du und ich und ich".
Ich bin so müde, ich will nicht fragen, was das nun wieder bedeutet, so müde, dass es mich einfach nicht interessiert, was sie sagen will, nicht einmal, wo Ysaj ist. Das unterdrückte Heulen raubt mir alle Kraft. Doch sehe ich meine Hände den Fisch auf die leeren Teller verteilen und höre meinen Mund sagen: "In Ordnung! Hier! Und hier Jolanda zwei! Bitteschön! Und nun guten Appetit!". Dann fällt die Gabel in die nun leere Schüssel, ein durchdringender Laut, der Zitronensaft spritzt über die Gläser. Wir essen schweigend im plötzlich ebenso stummen Abendwind.
Du kannst nicht leugnen dass Du hier bist und dort bist. Wann hast Du begonnen, die Welt mit diesen fremden Augen zu sehen? Hast Du darauf eine Antwort? Diese Fremde, diese Zerrissenheit, als Du begannst, deren Unart anzunehmen, unsere Geschichte an unseren Kriegen zu messen und nicht an unseren Dichtern. Dabei hat man es Dir nicht mal beibringen müssen. Jetzt hast Du es vergessen und liest Bücher. Formst Laute. Du kannst nichts davon hinschreiben außer Krieg und Geschichte. Das ist alles. Sie haben nichts schreiben können über das Reißen im Gaumen und wie der Schrei sich in den Kiefer bohrt, bis hinunter zum Steißbein die Wirbelsäule durchfährt. Gar nichts haben sie durch die Zeit gerettet. Du sitzt bei ihnen und ißt Ihre Buchstaben, dann kommst Du her, nicht satt, nicht hungrig.
"Jolanda?"
"Iß Deinen Fisch!"
Romanfiguren
"Komm von der Brüstung weg und hilf mir".
Das Messer gleitet durch die Zitronen, ich beobachte meine Hände, so als wären es die Hände einer Anderen. Wieder bin ich hier, an der kargen, wilden Küste. Alles wiederholt sich ohne mein Zutun, gleitet an mir ab, ich kann nicht Fuß fassen und kann nicht gehen. Oh ja, einfach davongehen. Unmöglich.
Sie verteilt Teller und Bestecke auf dem Tisch, vier Gedecke. Beim unmittelbaren Einsetzen der Zikaden, deren Klang den Traum in die Wirklichkeit holt, könnte ich heulen. Nicht nur weinen und diese Spannung im Gaumen lösen, sondern heulen wie ein Hund oder ein Wolf, ein wildes Tier im Augenblick plötzlichen Schmerzes. Diesen Laut festhalten. Der Wunsch schwillt an und mit ihm der Wille, den Widerhall meines Heulens von den Klippen zu hören, geworfen über die ganze Küste. Bis es wieder bei mir ankommt, verstärkt vom hungrigen Jagen unter dem Violett. Sie aber legt mir stummen Fisch auf den Teller und deutet auf die beiden leeren Gedecke: "Wir essen heute allein, Du und Du und ich und ich".
Ich bin so müde, ich will nicht fragen, was das nun wieder bedeutet, so müde, dass es mich einfach nicht interessiert, was sie sagen will, nicht einmal, wo Ysaj ist. Das unterdrückte Heulen raubt mir alle Kraft. Doch sehe ich meine Hände den Fisch auf die leeren Teller verteilen und höre meinen Mund sagen: "In Ordnung! Hier! Und hier Jolanda zwei! Bitteschön! Und nun guten Appetit!". Dann fällt die Gabel in die nun leere Schüssel, ein durchdringender Laut, der Zitronensaft spritzt über die Gläser. Wir essen schweigend im plötzlich ebenso stummen Abendwind.
Du kannst nicht leugnen dass Du hier bist und dort bist. Wann hast Du begonnen, die Welt mit diesen fremden Augen zu sehen? Hast Du darauf eine Antwort? Diese Fremde, diese Zerrissenheit, als Du begannst, deren Unart anzunehmen, unsere Geschichte an unseren Kriegen zu messen und nicht an unseren Dichtern. Dabei hat man es Dir nicht mal beibringen müssen. Jetzt hast Du es vergessen und liest Bücher. Formst Laute. Du kannst nichts davon hinschreiben außer Krieg und Geschichte. Das ist alles. Sie haben nichts schreiben können über das Reißen im Gaumen und wie der Schrei sich in den Kiefer bohrt, bis hinunter zum Steißbein die Wirbelsäule durchfährt. Gar nichts haben sie durch die Zeit gerettet. Du sitzt bei ihnen und ißt Ihre Buchstaben, dann kommst Du her, nicht satt, nicht hungrig.
"Jolanda?"
"Iß Deinen Fisch!"
Romanfiguren
TheSource - 29. Mai, 13:12