Freitag, 9. März 2007

Verhandlungen mit Romanfiguren XIV

Überraschend, das plötzliche Verschwinden der nächtlichen Besucher beunruhigte mich. Während ich auf die leeren Dächer blickte, wurde mir klar, dass ich aus einer chemischen Verbindung hervorgegangen war, die ständig in Aufruhr ist. Sie setzt sich zusammen aus Erinnerungen, Hoffnungen, Ängsten, Träumen, dem Umkreisen der Wälder, aus Namen, die kommen, Namen, die vorbeischlendern, Namen, die verblassen. Nach 150 Jahren haben sie auch diese Ulme gefällt. In der Nacht darauf blieb Ysaj aus, die Straße vor meinem Haus leer.

(...)

Ein Riss durchzieht die Abendluft. Nein, nicht mich. Ich sammle die Kerzen ein für die Totenwache und finde Jolanda neben dem schmerzenden Baumstumpf. Sie sitzt inmitten der Späne, die über den Rasen verstreut sind. In mir ballt sich Kälte gegen die neue Wunde, ich wünsche mir Worte wie Säure, die sich durch Fleisch und Metall ätzen, Worte aus Donner, Worte, die Äxte zersplittern, schartige Worte, Buchstaben, die Starre hervorrufen, Sätze, die Tod gebären. Man könnte meinen, es tut mit der Zeit weniger weh. Aber das stimmt nicht. Der Schmerz seziert uns nur konzentrierter. Jolanda weint stumm, reglos wache ich neben ihr, kein Laut trägt die Wunde.


Romanfiguren

Seilspringen

Solange von einem selbst die Rede ist, verkommt der Text zu Kitsch.
Erst im Abstand zu Geschichte, Handlung und Figuren überspringen wir die unsichtbaren Hürden und können die Geschichten erzählen. Nur in der Distanz offenbaren sie sich vollkommen und nur dann wird Literatur daraus.



Poetologie


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