Sibila Petlevski :: Heilige Woche

Ganze sechs Tage lang bliesen wir Ballons auf,
dachten, dies sei die einzige Möglichkeit, dem Atem Rahmen
zu geben. Vom Himmel fiel Manna,
süss und lauwarm wie Milch von der Brust. Oh Gott!
Wir hätten auch mit Küssen die gleiche, die vollkommen
gleiche, Sache erreichen können; mit Atmen gegen Glas,
damit statt uns der Nebel auf dem Spiegel schreibt, dass wir
leben; mit Schreiben die Wärme übertragen ohne Berührung
und Stimme; indem wir einfach hier wären und nicht
verwickelt in ein Netz aus Blut wie hungrige Hunde, nicht ewig
hungrigen Herzens, das aus der Brust brüllt wie ein Löwe.
Ganze sechs Tage lang bliesen wir Ballons auf und zerschnitten sie
dann mit Messern. Am siebten Tag ruhten wir uns aus.



Sveti tjedan

Puhali smo balone punih šest dana,
mislili da je to jedini način na koji se može
dati okvir dahu. S neba je padala mana,
slatka i mlaka kao mlijeko iz sise. Bože!
Pa mogli smo i poljupcima postići istu,
potpuno istu stvar, mogli smo i disanjem
u staklo, da umjesto nas magla na čistu
zrcalu napiše da smo živi, da pisanjem
prenesemo toplinu bez dodira i glasa,
da budemo jednostavno tu, a ne u mreži
krvi isprepleteni, ne poput gladnih pasa,
ne vječno gladnog srca koje iz grudi reži.
Puhali smo balone i onda ih nožem parali
punih šest dana. Sedmi smo se odmarali.


Übersetzungen
bvl - 25. Mai, 08:10

wir

ruhen noch?

TheSource - 26. Mai, 06:19

In gewißer Weise

ruht das Wesentliche ja tatsächlich die ganze Zeit - auch während dieser heiligen Woche. Trotz der Mühe des Ballon-Aufblasens und des vielen Lärms, wenn sie dann platzen unter den Klingen. Jetzt gefällt mir das innere Wortspiel: Wesentliches : abwesend.
Reh Volution - 25. Mai, 10:17

Milch die von der Brust fällt - ein skuriles Bild das mich schmunzeln ließ -
habe später auch gesehen das sich der Vergleich nur auf süß und lauwarm bezog.

TheSource - 25. Mai, 10:23

Deutsche Sprache,

schwere Sprache *lacht herzlich.
Sie wissen ja gar nicht, wie sehr sie ins Zentrum vorgestoßen sind, sic: vor welche Problematik gerade Petlevski, deren Gedichte von der Grammatik leben und die endlose Sätze konstruiert, mich beim Übersetzen stellt. Aber gerade darum ist es auch lohnende Herausforderung :-)
Sturznest - 25. Mai, 21:23

Ich mag das

Gedicht.....vielleicht auch deshalb weil ich den Balkan so Liebe und die Sprache und in solchen Momenten mag ich es sehr wenn man es übersetzt, denn da ist meine Faulheit die seit 23 Jahren in mir sitzt und die mich einfach kein serbokroatisch lernen läßt

TheSource - 26. Mai, 06:21

In dem Fall kann man

entschuldigend hinzufügen: Kroatische Sprache ebenfalls schwere Sprache *lächelt.

Trackback URL:
https://snafu.twoday.net/stories/2063311/modTrackback



Join the Blue Ribbon Online Free Speech Campaign


Arbeitsnotate
Buch des Monats
Chatlogs
Chronik des laufenden Wahnsinns
Distichen
Expressionen
Ging-tse
Illuminati
Impressionen
Inspirationen
Nada
Netztrash
Notate
Poems
Poetologie
Prometheus
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren